
Ramon Llull, Philosoph
Fragt man heute nach Ramon Llull wird man vielerorts Leute finden, die auf eine direkte Abstammung von diesem Gelehrten pochen. Das ist mir mehrmals so ergangen. Doch wer war der Raimundus Llullus? So sein lateinischer Name? Ohne Zweifel einer der schillernsten und auch umstrittensten Figuren auf Mallorca im 13. Jahrhundert.
Ramon Llull lebte von 1232 bis 1316 und war ein ungemein produktiver und vielseitiger Gelehrter, der seine Gedanken auf Latein, Katalanisch und Arabisch in Worte fasste und niederschrieb. Der Mittelpunkt von Ramon Llulls Werken bildete etwas, das er als „Ars“, sein Wort für Kunst, bezeichnete: eine allgemeine Methode zur Interpretation der sichtbaren wie der unsichtbaren Wirklichkeit, die sich quasi-mechanischer Techniken, eines symbolischen Zeichensystems und kombinatorischer Tafeln bediente. Die Ars bildete die Grundlage von Llulls Apologetik und bot eine einheitliche methodologische Basis für alle Wissensbereiche des 13. Jahrhunderts, von der Theologie bis zu den Natur- und Geisteswissenschaften.
Aber bevor er seine „Erleuchtung“ fand, war es ein langer Weg. So führte er zunächst über 30 Jahre lang das Leben eines durchschnittlichen christlichen Adligen. Schlimmer noch, in jungen Jahren galt er als ein absoluter Lebemann und war dem weiblichen Geschlecht mehr als zugetan. Eines nachts soll ihm der gekreutzigte Christus erschienen sein und ihm den Pfad zurück zu Tugend gezeigt haben. Dieses Erlebnis veranlasste Ramon Llull dann, seinen Besitz zu verkaufen, seine Familie zu verlassen und sein ganzes weiteres Leben der Missionierung der Muslime zu widmen.
Wirken und Schaffen
Er lebte lange Zeit im mallorquinischen Kloster Santuario de Cura auf dem Berg Randa, auf dem er auch seine mystischen Visionen erlebte. Sein Refugium ist dort heute noch zu sehen. Ebenso sind viele seiner Schriften in der Kloster-Bibliothek ausgestellt. Im Kloster entwickelte er sich auch zum Weltverbesserer und Religionsstreiter. Während seine Aufzeichnungen in arabischer Sprache verschollen sind; seine lateinischen und katalanischen Werke sind in insgesamt ca. 700 Handschriften erhalten, die in über 150 europäischen und nordamerikanischen Bibliotheken aufbewahrt werden. Ihm iWirken und Schaffenst es vielleicht auch zu verdanken das die katalanische Sprache ihre Bedeutung behielt. Ramon Llull war einer der ersten Autoren, die sich einer Volkssprache, in seinem Fall des Katalanischen, bedienten, um theologische, philosophische und wissenschaftliche Gegenstände zu behandeln, die üblicherweise nur in der Sprache der Gelehrten, also auf Latein, diskutiert wurden.
Ramon Llulls intellektuelles Profil ist ebenso komplex wie ungewöhnlich. Als christlicher Philosoph brachte er neoplatonische und aristotelische Motive in kreativer Weise zur Entfaltung; als Mystiker sieht man in ihm den Begründer der großen iberischen Tradition; als Verfasser von Romanen zählte er zu den ersten, die zeitgenössische Themen aufnahmen; als Apologet für das Christentum trat er für die Gründung von Missionarsschulen ein und entwickelte eine neue Methode zur Bekehrung.
Schon zu seinen Lebzeiten waren die Lehren Llulls umstritten. Das mag an seiner Kritik an der katholischen Kirche gelegen haben. Später entstand um seine Schüler die Bewegung des Lullismus. Die römische Kirche hat ihn lange auf den Index verbotener Bücher gesetzt um ihn doch später zu rehabilitieren. Erst Papst Pius IX. würdigte sein Schaffen und sprach Ramon Llull selig.
Im Laufe seines Lebens unternahm Ramon Llull viele Pilger- und Bildungsreisen, auch in die arabische Welt, bildete sich weiter, lernte Arabisch und stellte seine Dichtkunst in den Dienst des katholischen Glaubens. Er unterrichtete an der Pariser Sorbonne und nahm am Konzil von Vienne teil. Dort setzte er sich für die Einrichtung von Lehrstühlen für Hebräisch, Arabisch und Chaldäisch an den Universitäten Paris, Oxford, Bologna und Salamanca ein, was ihn zu einem Begründer der westeuropäischen Orientalistik machte. 1314 begab er sich im Auftrag König Jakobs II. auf eine Reise nach Tunis. Auf dieser Reise wurde er 1315 von einer aufgebrachten Menge Moslems in Algerien gesteinigt. Ihm gelang allerdings noch lebend die Flucht. Allerdings starb Ramon Llull ein Jahr später an den Folgen der Steinigung auf Mallorca. Seine Grabstätte befindet sich in der Basilika Sant Francesc in Palma.
Man könnte noch vieles über den berühmtesten Sohn Mallorcas schreiben, aber das würde Romanausmaße annehmen. Sein bekanntestes Denkmal steht am Ende/Anfang des Passeo Maritimo in Palma de Mallorca. Direkt an der Kreuzung.